JA 

die neue Kirchenzeitung

 9. April 2023 

Lesungen:  Apg 10,34a.37-43; Kol 3,1-4. Evangelium: Joph 20,1-18.

Sehr gern in der Kirche

Klaus Maria Brandauer ist einer der wichtigsten und prägendsten Schauspieler deutscher Sprache. Kürzlich sagte er  bei einer Benefizaktion für die Ukraine in der Wiener Franziskanerkirche: 

"Ich bin sehr gern in der Kirche!“ 

Sein Bekenntnis hat mir österliche Freude bereitet.
Ich bin es nämlich auch.
Sie hoffentlich auch.
In diesem Sinn wünsche ich Ihnen ein frohes Fest der Auferstehung unseres Herrn Jesus Christus. 
Ihm verdanken wir die Kirche.  P. Udo

Klare Mehrheit der Österreicher für Kreuze in öffentlichen Gebäuden

Kreuze sollten nach Ansicht der meisten Österreicherinnen und Österreicher in öffentlichen Gebäuden hängen bleiben. Das geht zumindest aus einer Umfrage hervor, die das Meinungsforschungsinstitut Unique research für die aktuelle Ausgabe des Nachrichtenmagazins „profil" (6. April) durchgeführt hat. Demnach sprechen sich 67 Prozent für den Verbleib des christlichen Symbols in öffentlichen Gebäuden wie Schulen und Krankenhäusern aus. 25 Prozent der Befragten sind dagegen. 
Die größte Zustimmung für Kreuze in öffentlichen Räumen gibt es demnach bei Wählern der ÖVP und FPÖ mit jeweils 83 Prozent. Bei den SPÖ-Wählern sind es 63 Prozent, bei den Grün-Wählern 40 Prozent. 
Laut einer von „Servus TV" in Auftrag gegebenen OGM-Umfrage spricht sich eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung für Osterfeiern in Kindergärten und Schulen aus. Konkret sind es 88 Prozent aller Wahlberechtigten und 92 Prozent der Eltern mit Kindern unter 12 Jahren. 62 Prozent begründen dies damit, dass es sich um einen hohen christlichen Feiertag handle, der zur österreichischen Tradition gehöre, 30 Prozent geht es nicht um den religiösen Hintergrund, vielmehr seien die Osterfeierlichkeiten ein schönes Fest für die Kinder, hieß es in einer Aussendung von „Servus TV".
 

Botschafter vor Papstbesuch: „In Ungarn ist der Glaube sichtbar"

Papst Franziskus wird bei seinem Besuch in Ungarn Ende April in ein auch historisch stark christlich geprägtes Land kommen, in dem "der Glaube im öffentlichen Raum sichtbar ist". Das erklärte Budapests Botschafter beim Vatikan, Eduard Habsburg, in mehreren Interviews für verschiedene Sprachredaktionen des Onlineportals Vatican News (Donnerstag). „Wir leben bewusst Christentum seit 1.000 Jahren", nahm Habsburg auf den heiliggesprochenen Staatsbegründer König Stephan (997-1038), aber auch die wechselvolle Geschichte Ungarns u.a. mit der Besetzung durch die Osmanen im 16. Jahrhundert oder dem kommunistischen Regime im 20. Jahrhundert Bezug. Es sei wichtig zu verstehen, „dass die Tatsache, dass wir heute ein religiöses Land haben, ein Land voller Christentum, ein Wunder ist", so der Diplomat.
„Wenn Sie heute nach Ungarn kommen, sehen Sie ein Land, in dem der christliche Glaube sichtbar ist", sagte der 56-jährige Botschafter, der Ungarn seit 2015 beim Heiligen Stuhl vertritt. Ungarn sei „stark christlich geprägt" und gelte in aller Welt als „Symbol für christliche Werte, für traditionelle Werte der Familie". Auch auf allen Ebenen der Regierung fänden sich von Ministerpräsident Viktor Orban und Staatspräsident Katalin Novak abwärts Menschen, denen der christliche Glaube wichtig sei. „Wir haben ein Land, das keine Angst davor hat, Religion und Glauben in der Öffentlichkeit zu zeigen", hielt Habsburg fest. „Wir haben eine klare Trennung zwischen Kirche und Staat, wie sie heutzutage immer üblich ist, aber Kirche und Staat arbeiten zusammen." Gleichzeitig würden auch andere Religionsgemeinschaften von der Regierung stark unterstützt. "Wir haben eine der blühendsten jüdischen Gemeinden Europas", so der Botschafter.

Österreicher entdeckt im Vatikan eine der frühesten Evangelienübersetzungen 

Ein Historiker der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) hat im Vatikan für einen spektakulären Fund gesorgt: Mittelalterforscher Grigory Kessel entdeckte mithilfe von Ultraviolettfotografie in der dortigen Bibliothek eine der frühesten Übersetzungen der Evangelien. Auf einem überschriebenen Manuskript befand sich - zunächst unsichtbar - ein kleines Handschriftenfragment der syrischen Übersetzung aus dem Griechischen, die im 3. Jahrhundert verfasst und im 6. Jahrhundert kopiert wurde, wie die ÖAW in einer Aussendung am Gründonnerstag mitteilte.
„Vor etwa 1.300 Jahren nahm ein Schreiber in Palästina ein Evangelienbuch, das mit einem syrischen Text beschriftet war, und radierte es aus", hieß es dazu. Pergament war im Mittelalter in der Wüste Mangelware, Manuskripte wurden daher häufig wiederverwendet. Solche überschriebenen Schriftstücke nennt man Palimpseste.
„Die Tradition des syrischen Christentums kennt mehrere Übersetzungen des Alten und Neuen Testaments", teilte Entdecker Kessel mit. Bis vor kurzem waren nur zwei Handschriften bekannt, die die altsyrische Übersetzung der Evangelien enthalten. Mit dem jetzt gefundenen Handschriftenfragment liegt ein weiterer Textzeuge vor. Grigory Kessel identifizierte es mithilfe der Ultraviolettfotografie als dritte Textschicht, also Doppelpalimpsest, in einer Handschrift der Vatikanischen Bibliothek. Es biete einen „einzigartigen Zugang zur sehr frühen Phase in der Geschichte der textuellen Überlieferung der Evangelien". Je mehr Übersetzungen bekannt sind, desto mehr erfährt die Wissenschaft über den Originaltext der Evangelien, erklärte die ÖAW.
Ein Jahrhundert älter als Codex Sinaiticus
Claudia Rapp, Direktorin des Instituts für Mittelalterforschung der ÖAW, wies darauf hin, dass die aus dem 3. Jahrhundert stammende syrische Übersetzung mindestens ein Jahrhundert vor den ältesten erhaltenen griechischen Handschriften, etwa dem bedeutenden Codex Sinaiticus, verfasst wurde. Die Entdeckung Kessels beweise, „wie produktiv und wie wichtig das Zusammenspiel modernster digitaler Techniken in der Grundlagenforschung bei der Begegnung mit den mittelalterlichen Handschriften sein kann", freute sich Rapp.   
Die Wiener Wissenschaftlerin leitet das "Sinai Palimpsests Project", das die jahrhundertealten, wertvollen Palimpsest-Handschriften des berühmten Katharinenklosters im Sinai in Ägypten wieder lesbar und in digitaler Form verfügbar machen soll. Bisher konnten bereits 74 Handschriften entziffert werden, darunter vor kurzem die Fragmente aus einer dritten Handschrift mit altsyrischer Evangelien-Übersetzung.
Die Österreichische Akademie der Wissenschaften besteht seit 1847, ihr gehören heute mehr als 760 Mitglieder in 25 Forschungsinstituten sowie rund 1.800 Mitarbeitende in den Bereichen innovative Grundlagenforschung, interdisziplinärer Wissensaustausch und Vermittlung neuer Erkenntnisse an. Korrespondierende Mitglieder sind u.a. die Theologen Paul Zulehner und Georg Braulik, der Judaist Günter Stemberger und der Religionsrechtler Gerhard Luf. (Info: www.oeaw.ac.at)
Fopto: Vatican Library/ÖAW

Erzabt Birnbacher: Gesellschaft braucht dringend Orte der Gottsuche

Dass im zunehmend säkularen Europa Klöster immer noch als besondere „Kraftorte" angesehen werden, verwundert den Salzburger Erzabt Korbinian Birnbacher nicht. Die Klöster seien „Orte oder Inseln, für manche vielleicht auch Gottesburgen, wo das Christsein exemplarisch gelebt werden kann", so Birnbacher im Interview mit Radio Vatikan. Er meine damit nicht „besser oder perfekt, sondern einfach authentischer. Natürlich auch mit Schwächen und mit Defiziten." In den Klöstern und Ordensgemeinschaften könne man erkennen: „Ja, hier ist ein Ort, wo Gott gesucht wird. Und das braucht diese Zeit, diese Gesellschaft, dringender denn je."
Hilfe für zu Ende gehende Orden
Birnbacher nahm jüngst an einer internationalen Ordenstagung (28. bis 30. März) in Rom teil, zu der das Dikasterium für das geweihte Leben (Religiosenkongregation) geladen hatte. Vertreterinnen und Vertreter aus 17 Ordenskonferenzen und Bischofskonferenzen waren gekommen, um über zu Ende gehende Ordensgemeinschaften und Hilfestellungen für diese zu beraten. Aus Österreich war neben dem Erzabt auch Sr. Christine Rod, Generalsekretärin der Ordenskonferenz, mit dabei. Die Teilnehmenden kamen aus Mittel- und westeuropäischen Ländern, aber auch aus Polen, den USA, Kanada und Australien. Auch die Verantwortlichen aus dem Dikasterium nahmen teil, allen voran Kardinal Joao Braz de Aviz und Erzbischof Jose Rodriguez Carballo.
Wie die heimischen Ordensgemeinschaften auf ihrer Website (www.ordensgemeinschaften.at)  berichten, wurde während der Tagung deutlich, dass die Situationen in den einzelnen Ländern unterschiedlich ist. Manche Ordenskonferenzen würden gerade erst beginnen, sich diesem Thema zu widmen, andere hätten schon Bestandsaufnahmen durchgeführt oder bereits strukturelle Hilfen aufgebaut, wie dies etwa in Österreich mit dem „Institut Österreichischer Orden" der Fall sei.
„Institut Österreichischer Orden" verwaltet Immobilienbesitz von Klöstern zentral
Erzabt Birnbacher erläuterte im Radio-Vatikan-Interview, was es mit dem „Institut Österreichischer Orden" auf sich hat. Dieses sei eine Stiftung, „die vor allem den Immobilienbesitz von Klöstern und von Gemeinschaften, die am Aussterben sind, gemeinsam zentral verwaltet". Vom Ertrag, der dort erwirtschaftet wird, würden die eigentlichen Werke, wofür diese Orden einmal gestanden haben, finanziert und ermöglicht. Birnbacher: "Wir haben vor gut zehn Jahren damit begonnen, das mal durchzudenken, Statuten zu erstellen. Die wurden auf fünf Jahre zunächst von der damaligen Religiosenkongregation zugelassen und vor zwei Jahren mittlerweile schon dann definitiv erlassen."
Es sei „eine fantastische Sache, dass Kirchenbesitz Kirchenbesitz bleibt, Ordensbesitz Ordensbesitz bleibt, und nicht irgendwelchen Immobilienhaien in den Rachen geworfen wird. Klöster haben ja oft sehr schöne Standorte gehabt und es ist ganz wesentlich, dass diese Klöster - zum Beispiel in den Zentren von Städten - nicht total dem Kommerz unterworfen sind, sondern hier etwas ermöglicht wird, was der Allgemeinheit und natürlich auch der Kirche zugutekommt."
Man habe bei der Tagung von Kurienkardinal Braz de Aviz und Erzbischof Rodriguez auch rückgemeldet bekommen, dass das österreichische Modell ein sehr gutes sei, so Birnbacher, „zumindest für Europa, wenn nicht für die ganze Welt".
Foto (ÖOK): Br. Andreas Murk (Deutschland), Sr. Sara Böhmer (Niederlande), Erzabt Korbinian Birnbacher, Sr. Christine Rod und Sr. Maria Thoma Dickow (Deutschland) (v.l.n.r.) berieten in Rom über zu Ende gehende Ordensgemeinschaften und Hilfestellungen für diese. 

Karwoche in Pakistan begann mit Gewalt

Nach dem Mord an einem Christen am Vorabend zum Palmsonntag hat die pakistanische Polizei zu Beginn der Karwoche die Sicherheitsvorkehrungen für Kirchen in der Stadt Peschawar verstärkt. Das Feiern christlicher Feste im „Schatten von Waffen" sei zur Normalität geworden, sagte Pater Tariq Mehmood, Pfarrer der katholischen Kirche Saint John Vianney in Peschawar, am Dienstag dem asiatischen Pressedienst „Ucanews". "In unserer Provinz gibt es einen endlosen Sicherheitsalarm. Die Polizei bittet uns, vor jeder Versammlung Vorsichtsmaßnahmen zu treffen", sagte der Pfarrer. Ein unbekannter Attentäter hatte am Samstag einen christlichen Sanitärarbeiter erschossen.
Bischof: Christen in Pakistan bei Nothilfe nach Flut benachteiligt
Der katholische Bischof Samson Shukardin aus Pakistan kritisiert die Verteilung von Hilfsleistungen in seiner Heimat. Die muslimische Mehrheit benachteilige die christliche Minderheit bei Hilfen für die Bewältigung der Flutkatastrophe vom vergangenen Sommer, sagte Shukardin dem päpstlichen Hilfswerk „Kirche in Not", wie dieses am Donnerstag in München mitteilte. Der Bischof von Hyderabad ergänzte demnach: „Immer, wenn unsere Leute um Hilfe bitten, bekommen sie zu hören: 'Nein, das ist nicht für Dich, frag in der Kirche um Hilfe!' Auf diese Weise findet eine große Diskriminierung statt."
Hinter dieser Zurückweisung stehe die Vorstellung, dass Christen aus dem westlichen Ausland finanziert würden und kein Teil der pakistanischen Gesellschaft seien, so der Bischof weiter. „Wir sind aber vollwertige Pakistaner. Wir sind keine Ausländer."
Dem Bischof zufolge ist bei der Flut der Großteil seiner Diözese im Süden des Landes zerstört worden: „Die meisten Menschen wurden obdachlos. Außerdem hatten sie nichts zu essen und waren völlig darauf angewiesen, dass andere Menschen sie unterstützen." Shukardin fügte hinzu, „Kirche in Not" sei die erste Organisation gewesen, die ihm Hilfe für die Betroffenen der Flut angeboten habe.
Foto: Kirche in Not.
 

Ukraine: Zahl der Hilfsbedürftigen auf 18 Millionen gestiegen

Innerhalb eines Jahres ist die Zahl der Menschen in der Ukraine, die auf humanitäre Hilfe angewiesen sind, von 3 auf fast 18 Millionen gestiegen. Darauf hat „Nachbar in Not" am Mittwoch in einer Aussendung aufmerksam gemacht. Die Lage hat sich demnach vor allem im Osten des Landes verschlechtert. Besonders betroffen seien ältere Personen, hieß es.
Mehrere Hilfsorganisationen, darunter auch die Caritas, hätten im Rahmen von „Nachbar in Not" Hilfsprojekte in der Ukraine und ihren Nachbarländern laufen, bei denen die Unterstützung von älteren Menschen im Mittelpunkt steht. Für Personen, die aufgrund der Sicherheitslage oder ihrer eingeschränkten Mobilität nicht zu Ausgabestellen von Lebensmitteln und Hygieneprodukten kommen können, hat die Caritas etwa einen Lieferdienst ins Leben gerufen, der die am stärksten gefährdetsten Gruppen mit Lebensnotwendigem versorgt.
Wieder Wirbel um Ukrainisch orthodoxe Kirche
Die überraschende Absetzung des orthodoxen Metropoliten von Khmelnytskyi in der Westukraine, Antonij (Fialko) sorgt in der Ukraine für Aufregung. Die Kirchenleitung der Ukrainisch Orthodoxen Kirche unter Vorsitz von Metropolit Onufrij hat den 76-jährigen Metropoliten am Montag in den Ruhestand versetzt. Kritiker der Kirche sehen sich durch das Vorgehen bestätigt, dass die UOK nach wie vor einen pro-russischen Kurs fährt, auch wenn sie nach außen anderes vorgibt.
Der Hintergrund: Ein früherer ukrainischer Soldat hatte am Sonntag während eines Gottesdienstes in der UOK-Kathedrale in Khmelnytskyi plötzlich lautstark begonnen, den Klerus der Kirche wegen dessen vermeintlich pro-russischer Haltung zu beschimpfen. Er wurde daraufhin von Mitgliedern des Klerus auch unter Gewalteinwirkung aus der Kirche befördert. Das Geschehen wurde gefilmt und das ins Internet gestellte Video ging viral. Binnen kürzester Zeit fand sich eine große Menschenmenge vor der Kathedrale ein und forderte die Übergabe der Kirche an die Orthodoxe Kirche der Ukraine (OKU). Auch eine entsprechende Petition wurde verfasst. Metropolit Antonij übergab schließlich Vertretern der Menge die Schlüssel für die Kathedrale und machte laut Medien Andeutungen, dass er nichts gegen eine Übergabe habe.
Sonntagabend wurde auch bereits von Geistlichen der OKU ein Gottesdienst in der Kirche gefeiert, die danach aber von der Polizei für die nächsten Tage geschlossen wurde. Die kirchlichen Folgen: Die Kirchenleitung der UKO versetzte Metropolit Antonij Montagfrüh in den Ruhestand und bestellte mit Erzbischof Viktor (Kotsaba), der zuvor u.a. die UOK bei internationalen Organisationen vertreten hat, einen Nachfolger.
Kritiker werfen der UOK nun Doppelstandards in ihren Verhalten vor. Während im Fall von Metropolit Antonij sofortige radikale Maßnahmen ergriffen wurden, sei die Kirchenleitung im Falle jener Metropoliten, die sich im vergangenen Jahr auf die Seite Russlands schlugen oder sogar an den Feierlichkeiten im Oktober im Kreml teilnahmen, als Russlands Präsident Putin die Eingliederung der besetzten Teile der Ukraine in die Russische Föderation zelebrierte, völlig untätig geblieben.
60 Tage Hausarrest für Abt des Kiewer Höhlenklosters
Wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung und Rechtfertigung des russischen Angriffskriegs hat ein Kiewer Gericht den Abt des Höhlenklosters in der ukrainischen Hauptstadt unter Hausarrest gestellt. Wie das Nachrichtenportal „Ukrajinska Prawda" berichtete, darf Abt Metropolit Pawlo bis 30. Mai sein Anwesen nahe dem Kiewer Flughafen nicht verlassen. 
 

Deutsche Hilfswerke: Lage syrischer Erdbebenopfer verzweifelt

Die großen deutschen kirchlichen Hilfswerke Diakonie Katastrophenhilfe und Caritas international fordern mehr Hilfen für die Erdbebenopfer in Syrien und der Türkei. Besonders schwierig sei die Lage für die vor den Zerstörungen aus Syrien in die Türkei geflohenen Menschen, erklärten die Hilfsorganisationen laut Nachrichtenagentur KNA am Mittwoch.
Nun habe die Türkei angekündigt, vorübergehende Aufenthaltsgenehmigungen auslaufen zu lassen. „Ein Ende der Regelung könnte Zehntausende Menschen zwingen, in die vom Erdbeben zerstörten Gebiete zurückzukehren", so Caritas und Diakonie. In den verwüsteten Regionen hätten sie jedoch keine Zukunftsperspektive.
Derzeit lebten in der Türkei geschätzte 2,4 Millionen Menschen in Flüchtlingscamps. Vielfach seien die hygienischen Bedingungen prekär, kritisierten die Hilfsorganisationen. Beispielsweise fehle es an sauberem Trinkwasser. Die internationale Gemeinschaft müsse sich auf langfristige Hilfen einstellen, so die Forderung.

Bischöfe wollen die Seligsprechung des Theologen Henri de Lubac

Frankreichs Bischöfe wollen den Seligsprechungsprozess für Kardinal Henri de Lubac (1896-1991) eröffnen. Der Jesuit hat die Theologie des 20. Jahrhunderts erheblich mitgeprägt. De Lubac gehörte zu den Vordenkern der sogenannten Nouvelle Theologie.
Geboren 1896 in Cambrai, trat er 1913 mit 17 Jahren in den Jesuitenorden ein. De Lubac verbrachte sein Noviziat auf der Insel Jersey, da die Gesellschaft Jesu seit 1904 in Frankreich verboten war. An der Front im Ersten Weltkrieg wurde er 1917 schwer am Kopf verletzt. Aus seiner Erfahrung in den Schützengräben blieb ihm sein Leben lang eine eindrückliche Erinnerung an den Dialog mit ungläubigen Kameraden.
1927 zum Priester geweiht, wurde de Lubac Professor für Fundamentaltheologie in Lyon. 1938 erschien sein erstes Buch, „Catholicisme"; bald darauf folgten weitere Werke, darunter „Surnaturel" (1946). Im Anschluss an diese Arbeit und im Zuge der Papst-Enzyklika „Humani generis", in der Pius XII. die „Neue Theologie" verurteilte, erhielt der Jesuit 1950 ein Lehrverbot. Die folgenden zehn Jahre nutzte er, um seine theologischen Forschungsgebiete weiterzuentwickeln.
1960 erhielt er die Gunst Roms zurück, als er von Papst Johannes XXIII. in die theologische Vorbereitungskommission für das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) berufen wurde. Später wirkte er an der Ausarbeitung einiger der wichtigsten Texte des Konzils mit: den Konstitutionen über die Offenbarung (Dei Verbum), über die Kirche (Lumen Gentium) und über die Kirche in der Welt (Gaudium et Spes).
Ab 1969 gehörte de Lubac der Internationalen Theologenkommission an, ab 1975 leitete er die französischsprachige Ausgabe der für eine konziliare Reform der Kirche engagierten internationalen theologischen Zeitschrift „Communio". Zu seinem 80. Geburtstag, 1976, wurde de Lubac von Papst Paul VI. zum Konsultor des vatikanischen Sekretariats für die Nichtchristen und des Sekretariats für die Nichtgläubigen ernannt. 1983 nahm Johannes Paul II. de Lubac ins Kardinalskollegium auf. Der Jesuit starb im September 1991 hochbetagt in Paris.
 

Kardinal Hollerich hält Segnung gleichgeschlechtlicher Paare für möglich

Der Luxemburger Erzbischof Kardinal Jean-Claude Hollerich hat sich offen gegenüber Segnungen von homosexuellen Paaren in der katholischen Kirche gezeigt. Segnen bedeute, einem Menschen etwas Gutes zu wünschen, und Gott wünsche niemandem etwas Schlechtes, sagte Hollerich im Interview der italienischen Tageszeitung „La Stampa". „Ich denke, die Kirche kann ihre Haltung nur nach einem langen Prozess verändern", ergänzte er. „Doch wir müssen uns bemühen, den Prozess zu beschleunigen: Wir müssen die Türen für jedermann öffnen.".
Hollerich äußerte sich auch zum Gebot der Ehelosigkeit für katholische Priester. Den Zölibat lebe er selbst mit großer Freude. „Aber ich kenne viele Priester, die deshalb leiden", sagte der Kardinal. Zudem gebe es in vielen Erdteilen immer weniger junge Männer, die Priester werden wollten. Er frage sich, ob nicht auch verheiratete Männer die Weihe empfangen sollten. „Doch das ist eine Entscheidung, die der Papst zusammen mit der gesamten Kirche treffen muss", so Hollerich.

Kurznachrichten

Papst Franziskus hat ein Gesetz erlassen, das Ordensleuten eine längere Frist zum Einspruch gegen einen Rauswurf aus dem Orden einräumt. Die Frist für das Einlegen eines Widerspruchs gegen eine Entlassung aus der jeweiligen Gemeinschaft beträgt nun 30 Tage.

 

Weltweit leben 150 Millionen Kinder laut Schätzungen auf der Straße. Die Dunkelziffer sei allerdings höher, da viele Straßenkinder keine Geburtsurkunde besäßen, so das Hilfswerk „Jugend Eine Welt" anlässlich des "Welttags der Straßenkinder" am 12. April. 

 

Vatikan. Rund 35.000 Blumen und Pflanzen aus Holland verschönern den Petersplatz zum Osterfest. Am Karfreitag haben Fachleute und Helfende den Platz dekoriert.

 

Vatikan. Der im Alter von 88 Jahren in Rottenburg gestorbene Kardinal und langjährige Vatikandiplomat Karl-Josef Rauber ist am 31. März  auf dem deutschen Friedhof im Vatikan beigesetzt worden. Auch seine Eltern sind auf dem Campo Santo Teutonico beigesetzt.

 

Italien. Die Polizei hat allen Bischöfen des Landes – darunter auch Papst Franziskus – für die Chrisam-Messen mit Ölweihe Olivenöl aus einem Garten geschenkt, der 2017 in Erinnerung an Mafia-Opfer angelegt wurde. 

 

China hat den Vatikan mit einer nicht abgestimmten Versetzung eines Bischofs brüskiert. Wie der vatikanische Pressesprecher mitteilte, versetzte die Regierung in Peking den Bischof von Haimen, Shen Bin, ohne vorherige Abstimmung mit dem Heiligen Stuhl nach Shanghai.

 

In Polen sind laut einer neuen Umfrage wieder mehr Erwachsene mit der Arbeit der katholischen Kirche zufrieden als unzufrieden. Ein halbes Jahr zuvor war es noch umgekehrt. 47 Prozent bewerten nach Angaben des staatlichen Meinungsforschungsinstituts CBOS die Tätigkeit der Kirche nun positiv, 42 Prozent hingegen negativ. 

 

In Nicaragua mussten heuer die Katholiken das Osterfest im Verborgenen begehen. Die traditionellen Prozessionen sind von der Regierung von Staatschef Daniel Ortega verboten worden. 

  

Polen. An sogenannten Papstmärschen haben am 18. Todestag von Johannes Paul II. (1978-2005) laut verschiedenen Schätzungen bis zu mehreren Hunderttausend Menschen teilgenommen. Sie  stellten sich angesichts der jüngsten Vorwürfe über seinen Umgang mit Missbrauchsvorwürfen in der Kirche vor ihn. 


USA. Der US-Jesuit James Martin hat das Engagement des Papstes für queere Menschen in der Kirche gewürdigt: „Franziskus hat mehr für LGBTQ-Menschen getan als jeder andere Papst in der Geschichte".

 

Deutschland. Christen dürfen sich nach den Worten des Augsburger Bischofs Bertram Meier nicht von der Gesellschaft abkehren: „Wir blasen weder zur 'Weltflucht' noch zum Rückzug 'ins Fromme'. Aus der stärkenden Begegnung mit Jesus Christus sind wir aufgefordert, hineinzuwirken in diese Welt".

 

Italien. Insgesamt 61 Meldungen zu Missbrauchsfällen in ihren Reihen hat die Fokolar-Bewegung nach eigenen Angaben weltweit seit 2014 dokumentiert. 

 



Österreich 

 

Tirol. Zum beherzten Gegensteuern von Politik, Gesellschaft und Kirche in der aktuellen Krisensituation hat der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler aufgerufen: „Mir scheint, dass es längst Zeit ist, die Krisengewinner der Teuerungsschübe in die Pflicht zu nehmen."

 

Niederösterreich. Kurz vor Ostern hat das Land Niederösterreich die Verlängerung der Förderaktion „Energie-Spar-Pfarre" bis 2026 verkündet. 

 

Kärnten. Bei der ersten Ministranten-Wallfahrt der Diözese Gurk-Klagenfurt haben am Mittwoch der Karwoche 100 Kärntner Ministrantinnen und Ministranten am diesjährigen Ölweihegottedienst mit Bischof Josef Marketz teilgenommen. 

 

 „Amen. Franziskus antwortet"

Eine ausführliche Diskussion von Papst Franziskus mit jungen Erwachsenen ist derzeit bei Disney+ als Dokumentarfilm zu sehen. Unter dem Titel „Amen. Franziskus antwortet" wird eine Begegnung des 86-jährigen Kirchenoberhaupts mit zehn jungen Menschen aus unterschiedlichen Ländern gezeigt. Das Gespräch wurde im vergangenen Juni im römischen Stadtviertel Pigneto aufgezeichnet. Das spanische Original ist auch im deutschen Kanal mit Untertiteln zu sehen.
Die zehn jungen Erwachsenen im Alter zwischen 20 und 25 Jahren stammen aus Spanien, dem Senegal, Argentinien, USA, Peru und Kolumbien. Sie konfrontierten den Papst mit Realitäten ihres Lebens, darunter Abtreibung, Glaubensverlust, Homosexualität, Missbrauch in der Kirche, Rassismus, Pornografie und Transsexualität. 
Die vatikanischen Medien berichteten in dieser Woche ausführlich über das Gespräch und betonten, der Papst habe am Ende betont, dass es im Dialog auch unterschiedliche Meinungen gebe. Trotz der Unterschiede seien alle Geschwister, dies sei der Weg der Kirche. 

Ordensfrau leitet Päpstliche Akademie für Sozialwis-senschaften

Die britische Ordensfrau und Wirtschaftsethikerin Helen Alford rückt an die Spitze der Päpstlichen Akademie der Sozialwissenschaften vor. Papst Franziskus hat die 58-jährige Dominikanerin zur Präsidentin der Akademie ernannt. Alford war bislang Dekanin der Fakultät für Sozialwissenschaften an der Dominikaner-Universität Angelicum in Rom und löst als Präsidentin der „Pontificia Academia Scientiarum Socialium" (PASS) den italienischen Wirtschaftswissenschaftler Stefano Zamagni (80) ab. 
Die in London geborene Alford studierte in Cambridge den Bereich der Ingenieurstechnik und war in verschiedenen Industriebetrieben tätig. Mitte der 1990er Jahre trat sie der Kongregation der Dominikanerinnen der Heiligen Katharina von Siena von Newcastle bei und studierte Theologie. Der Päpstlichen Akademie der Sozialwissenschaften gehört sie seit 2020 als ordentliches Mitglied an.

Auch das noch...

Papst verschärft Strafrecht für Ostkirchen 

Papst Franziskus hat das Strafrecht für die mit Rom verbundenen Ostkirchen verschärft und es damit dem kirchlichen Strafrecht der lateinischen Kirche angepasst. In einem Päpstlichen Gesetz („Motu proprio"), das am 29. Juni in Kraft treten soll, hat er unter anderem die Verjährung für sexuellen Missbrauch verlängert und die Strafbestimmungen für diese Verbrechen neu gefasst. Das Gesetz trägt den Titel „Vocare peccatores" (Die Sünder zur Reue rufen) und wurde am Mittwoch vom vatikanischen Presseamt in lateinischer Sprache veröffentlicht. 

Mit dem Erlass ändert der Papst 23 Einzelgesetze des Kirchengesetzbuchs der Ostkirchen. 

Im allgemeinen Teil wird unter anderem neu festgelegt, dass Täter, die im Zustand der Trunkenheit Verbrechen begangen haben, schärfer bestraft werden sollen, wenn die Trunkenheit herbeigeführt wurde, um die Straftat zu begehen. 

In Zukunft kann die Erlaubnis zum Beichtehören oder zum Predigen entzogen werden, auch eine Minderung oder Streichung des Gehalts ist möglich. Die Höchststrafe ist weiterhin die Entfernung aus dem Klerikerstand und/oder der Ausschluss aus einer Ordensgemeinschaft. Als Beugestrafe gibt es weiterhin die Exkommunikation, die in den Ostkirchen in zwei Stufen verhängt werden kann. 

Auch neue Straftatbestände werden eingeführt. Dazu gehört der Versuch, gegen eine Entscheidung des Papstes das Kollegium der Bischöfe anzurufen. Ferner die absichtliche Entweihung der Sakramente, die Spendung der Sakramente an Menschen, die diese nicht empfangen dürfen, sowie der Versuch, Frauen zu Priestern zu weihen. 

 

Südtiroler Bischof: Kirche muss auch gegen den Strom schwimmen 

„Kirche heute wird nicht überleben, wenn sie jedem Konflikt ausweicht und beginnt, unserer Zeit und ihren Moden nach dem Mund zu reden." Das betonte der Südtiroler Bischof Ivo Muser am Donnerstag bei der Chrisammesse in Brixen. Eine Kirche, die in der komplexen Gesellschaft keinen Widerspruch auslöse und „im Strom der Meinungen mitschwimmt", müsse sich fragen, ob sie „wirklich in der Spur des Evangeliums" ist, sagte Muser in seiner Predigt vor den im Dom versammelten Priestern und Diakonen der Diözese Bozen-Brixen. 

Die heutige Kirche komme den Zuständen und den Erfahrungen der Urkirche immer näher, so der Bischof weiter. „Wir sind nicht mehr stark, wir sind nicht mehr viele, einflussreich, wichtig und tonangebend. Wir haben schon lange nicht mehr alles im Griff und gesellschaftlich spielen wir höchstens noch eine Nebenrolle." 


Berlin: Große Koalition will Schulfach „Weltanschauungen/Reli-gionen" 

Die geplante künftige Landesregierung von CDU und SPD in der deutschen Hauptstadt Berlin strebt die Einführung eines „Wahlpflichtfachs Weltanschauungen/Religionen" als ordentliches Lehrfach an. Das geht aus dem nun veröffentlichten Koalitionsvertrag der beiden Parteien hervor, wie die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) berichtet. Bislang ist das Fach Religion in Berlin im Unterschied zu den meisten anderen deutschen Bundesländern kein ordentliches Schulfach. 

Bei dem neuen Wahlpflichtfach sollen sich die Schülerinnen und Schüler zwischen Unterrichtsangeboten verschiedener Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften entscheiden können, die das Fach inhaltlich gestalten. Das im Land Berlin bereits bestehende ordentliche Lehrfach Ethik soll in seiner bisherigen Form weiterbestehen. 

In Berlin setzte sich eine Bürgerinitiative namens "Pro Reli" bereits vor über 14 Jahren für einen Wahlpflichtbereich ein, bei dem sich die Schülerinnen und Schüler zwischen den gleichrangigen Fächern Ethik und Religion entscheiden sollten. Ein Volksentscheid 2009 bestätigte jedoch den bis dato bestehenden Status beider Fächer. 

Entsprechend ist Ethik in Berliner Schulen bis dato ein ordentliches Lehrfach. Zusätzlich zum Ethikunterricht frei wählbar sind Unterrichtsangebote der Kirchen und weiterer Religionsgemeinschaften sowie des Humanistischen Verbandes im Rang von Arbeitsgemeinschaften. Am christlichen, muslimischen und jüdischen Religionsunterricht sowie der Humanistischen Lebenskunde nehmen im laufenden Schuljahr rund 44 Prozent der Schülerinnen und Schüler an den allgemeinbildenden Schulen teil. 

 

US-Evangelikale sehen Trump als politischen Märtyrer 

Franklin Graham spricht von einem Tag, an dem sich Amerika schämen sollte. Nicht für einen Ex-Präsidenten, der auf der Zielgeraden im Wahlkampf 2016 Pornostar Stormy Daniels mit 130.000 Dollar zum Schweigen über eine angebliche Affäre gebracht haben soll. Den Sohn des Volkspredigers Billy Graham stört vielmehr, dass sich Donald Trump in der Angelegenheit seit diesem Dienstag vor einem Strafgericht in Manhattan verantworten musste. „Die Demokraten haben das Rechtssystem für ihre politischen Zwecke benutzt", so der Evangelikale. „Ich werde dafür beten, dass Gott eingreift und unsere Nation rettet." 

Wissenschaftler Robert Jones vom Public Religion Research Institute wundert es nicht, dass die Evangelikalen Trump zur Seite springen. Die Umfrage-Daten seines Instituts zeigten in dieser Wählergruppe einen nahezu unerschütterlichen Rückhalt. Seine Zustimmungsraten bei den Evangelikalen liegen den Angaben zufolge konstant über 70 Prozent. 

Papst im Interview mit Tessiner TV: Die Kirche ist für alle da

Vatican News  veröffentlichte Auszüge aus dem Interview mit Papst Franziskus, das Paolo Rodari für den italienischsprachigen Schweizerrundfunk RSI geführt hat und das am 12. März, dem Vorabend des zehnten Jahrestages der Wahl, ausgestrahlt wird: Zu den Themen des Interviews gehören die Prioritäten des Pontifikats, die Offenheit der Kirche für alle, der Krieg in der Ukraine und andere Konflikte, die Beziehungen zu seinem Vorgänger und was uns nach dem Tod erwartet.

Heiliger Vater, wie viel hat sich in diesen zehn Jahren verändert?
Ich bin alt. Ich habe weniger körperliche Ausdauer, die Knieverletzung war ein körperlicher Einschnitt, obwohl sie jetzt gut verheilt.
Hat es Sie belastet, in einem Rollstuhl zu fahren?
Ich habe mich ein bisschen geschämt.
Viele bezeichnen Sie als den Papst der Geringsten. Fühlen Sie sich so?
Es stimmt, dass ich eine Vorliebe für die Ausgestoßenen habe, aber das bedeutet nicht, dass ich andere ausstoße. Die Armen sind die Lieblinge von Jesus. Aber Jesus schickt die Reichen nicht weg.
Jesus bittet darum, jeden an seinen Tisch zu bringen. Was soll das bedeuten?
Es bedeutet, dass niemand ausgeschlossen wird. Als die Gäste des Festes nicht kamen, sagte er: Geht zur Kreuzung und ruft alle, Kranke, Gute und Böse, Kleine und Große, Reiche und Arme, alle. Das dürfen wir nicht vergessen: Die Kirche ist nicht ein Haus für einige, sie ist nicht selektiv. Gottes heiliges, gläubiges Volk ist das: für alle.
Warum fühlen sich manche Menschen aufgrund ihrer Lebensumstände von der Kirche ausgeschlossen?
Die Sünde ist immer da. Es gibt Männer der Kirche, Frauen der Kirche, die auf Distanz gehen. Und das ist ein Teil der Eitelkeit der Welt, sich gerechter zu fühlen als andere, aber es ist nicht richtig. Wir sind alle Sünder. In der Stunde der Wahrheit legen Sie Ihre Wahrheit auf den Tisch und Sie werden sehen, dass Sie ein Sünder sind.
Wie stellen Sie sich die Stunde der Wahrheit, das Leben nach dem Tod vor?
Ich kann es mir nicht vorstellen. Ich weiß nicht, wie sie sein wird. Ich bitte nur die Muttergottes, bei mir zu sein.
Warum haben Sie sich entschieden, in Santa Marta zu leben?
Zwei Tage nach der Wahl habe ich den Apostolischen Palast in Besitz genommen. Er ist nicht sehr luxuriös. Er ist zwar gut gebaut, aber er ist riesig. Ich hatte das Gefühl, dass er wie ein umgekehrter Trichter ist. Psychologisch gesehen kann ich das nicht ertragen. Zufällig ging ich an dem Zimmer vorbei, in dem ich wohne. Und ich sagte: 'Ich bleibe hier'. Es ist ein Gästehaus, vierzig Leute wohnen dort, die in der Kurie arbeiten. Und die Leute kommen von überall her.
Vermissen Sie etwas aus Ihrem früheren Leben?
Das Gehen, das Gehen auf der Straße. Ich bin früher viel gelaufen. Ich bin mit der Metro gefahren, mit dem Bus, immer mit Menschen.
Was denken Sie über Europa?
Im Moment gibt es hier so viele Politiker, Regierungschefs oder junge Minister. Ich sage ihnen immer: Redet miteinander. Der da ist von der Linken, du bist von der Rechten, aber ihr seid beide jung, redet miteinander. Es ist eine Zeit des Dialogs zwischen jungen Menschen.
Was bringt ein Papst fast vom Ende der Welt mit?
Das erinnert mich an einen Satz der argentinischen Philosophin Amelia Podetti: Die Wirklichkeit lässt sich besser von den Extremen als von der Mitte aus betrachten. Aus der Ferne versteht man die Universalität. Das ist ein sozialer, philosophischer und politischer Grundsatz.
Woran erinnern Sie sich: an die Monate der Abriegelung, an Ihr einsames Gebet auf dem Petersplatz?
Es hat geregnet und es waren keine Menschen da. Ich spürte, dass der Herr da war. Der Herr wollte uns die Tragödie, die Einsamkeit, die Dunkelheit, die Plage begreiflich machen.
Es gibt mehrere Kriege auf der Welt. Warum ist es schwierig, die Tragödie zu verstehen?
In etwas mehr als hundert Jahren hat es drei Weltkriege gegeben: 14-18 Jahre, 39-45 Jahre und den jetzigen, der ein Weltkrieg ist. Er begann stückweise, und heute kann niemand mehr behaupten, er sei nicht weltweit. Die Großmächte sind alle darin verwickelt. Das Schlachtfeld ist die Ukraine. Jeder kämpft dort. Das bringt die Rüstungsindustrie auf den Plan. Ein Techniker sagte mir: Wenn ein Jahr lang keine Waffen produziert würden, wäre das Problem des Welthungers gelöst. Es ist ein Markt. Kriege werden geführt, alte Waffen werden verkauft, neue werden getestet.
Vor dem Konflikt in der Ukraine haben Sie Putin mehrmals getroffen. Wenn Sie ihn heute treffen würden, was würden Sie sagen?
Ich würde mit ihm so deutlich sprechen, wie ich es in der Öffentlichkeit tue. Er ist ein gebildeter Mann. Am zweiten Tag des Krieges ging ich zur russischen Botschaft am Heiligen Stuhl, um zu sagen, dass ich bereit sei, nach Moskau zu gehen, wenn Putin mir ein Zeitfenster für Verhandlungen geben würde. Lawrow (russischer Außenminister, Anm. d. Red.) schrieb mir und bedankte sich, aber jetzt sei nicht der richtige Zeitpunkt. Putin weiß, dass ich verfügbar bin. Aber es gibt dort imperiale Interessen, nicht nur die des russischen Imperiums, sondern auch die von Imperien anderswo. Gerade das Imperium stellt die Nationen an die zweite Stelle.
Welche anderen Kriege liegen Ihrer Meinung nach am nächsten?
Der Jemen-Konflikt, Syrien, die armen Rohingya in Myanmar. Warum dieses Leid? Kriege tun weh. Es gibt keinen Geist Gottes. Ich glaube nicht an heilige Kriege.
Sie sprechen oft über das Geschwätz. Und warum?
Das Geschwätz zerstört das Zusammenleben, die Familie. Es ist eine versteckte Krankheit. Es ist die Pest.
Wie waren die zehn Jahre von Benedikt XVI. in Mater Ecclesiae?
Gut, er ist ein Mann Gottes, ich liebe ihn sehr. Das letzte Mal habe ich ihn an Weihnachten gesehen. Er konnte kaum sprechen. Er sprach leise, leise. Sie mussten seine Worte übersetzen. Er war klar und deutlich. Er stellte Fragen: Wie ist das? Und das Problem dort? Er war über alles auf dem Laufenden. Es war ein Vergnügen, mit ihm zu sprechen. Ich fragte ihn nach seiner Meinung. Er gab seine Meinung ab, aber immer ausgewogen, positiv, ein weiser Mann. Beim letzten Mal jedoch konnte man sehen, dass er am Ende war.
Die Beerdigungsfeierlichkeiten waren nüchtern. Und warum?
Die Zeremoniare hatten sich 'den Kopf zerbrochen', um die Beerdigung eines nicht regierenden Papstes zu gestalten. Es war schwierig, einen Unterschied zu machen. Jetzt habe ich ihnen gesagt, sie sollen die Zeremonie für die Beerdigung künftiger Päpste, aller Päpste, studieren. Sie studieren und vereinfachen die Dinge ein wenig, indem sie die Dinge entfernen, die liturgisch nicht passen.
Papst Benedikt hat den Weg für einen Rücktritt geebnet. Sie haben gesagt, dass dies eine Möglichkeit ist, aber dass Sie es im Moment nicht in Erwägung ziehen. Was könnte Sie dazu bringen, in Zukunft zurückzutreten?
Eine Müdigkeit, die dazu führt, dass man die Dinge nicht mehr klar sieht. Ein Mangel an Klarheit, an der Fähigkeit, Situationen zu bewerten. Vielleicht auch ein körperliches Problem. Ich frage immer danach und lasse mich beraten. Wie läuft es denn so? Es scheint so, dass ich das oder jenes tun soll? Ich bin Menschen, die mich kennen, sogar einigen intelligenten Kardinälen, dankbar dafür. Denn die sagen mir die Wahrheit: Es geht gut voran. Aber bitte: Machen Sie mich rechtzeitig aufmerksam darauf.
Wenn Sie grüßen, bitten Sie alle, für Sie zu beten. Warum eigentlich?
Ich bin sicher, dass jeder betet. Den Ungläubigen sage ich: Betet für mich und wenn ihr nicht betet, schickt mir gute Wellen. Ein atheistischer Freund schreibt mir: ...und ich schicke dir gute Wellen. Es ist eine heidnische Art zu beten, aber es ist ein Lieben. Und einen anderen zu lieben ist ein Gebet.
    Foto (Vatican Media). Am Gründonnerstag hat Papst Franziskus in der Jugendstrafanstalt Casal Del Marmo an 12 Jugendstraftätern verschiedener Nationen den Ritus der Fußwaschung vollzogen.